Kein Krieg mit Syrien!
Die USA, Großbritannien und Frankreich sind auf Kriegskurs mit dem syrischen Regime. Die teuersten und besten Waffensysteme sind im Mittelmeer zusammen gezogen worden und warten auf Einsatzbefehl. Die Staatsspitze Israels drängt auf diesen Angriff. Die Bündnispartner der NATO stehen „Gewehr bei Fuß“. Und wieder wird eine „Koalition der Willigen“ gebildet.
Drei Fragen müssen beantwortet werden.
- Gibt es eine Legitimation für einen US-Militärschlag gegen Syrien?
- Gibt es Aussicht auf Erfolg für eine kriegerische Intervention?
- Gibt es Alternativen zu den kriegerischen Mitteln?
Erstens: Legitimation für einen US-Militärschlag?
Auch wenn die Arbeit der UN-Inspektoren in Syrien zur Aufdeckung der Anwendung von Giftwaffen im syrischen Bürgerkrieg noch nicht abgeschlossen ist, steht fest: Giftgas wurde eingesetzt. Dies hat auch „Ärzte ohne Grenzen“ festgestellt. Kann dies aber dem syrischen Machthaber Assad in die Verantwortung gelegt werden? Assad musste immer damit rechnen, dass damit die berühmte „rote Linie“ überschritten würde, die zur militärischen Reaktion der USA führen würde. Haben also andere Einheiten chemische Waffen in diesem inzwischen so unübersichtlichen Krieg eingesetzt, um die militärische Reaktion des Westens herauszufordern? Weder Assad und die Regierungstruppen noch der mit Syrien verbündete Iran hätten ein Interesse an einem US-Militärschlag. Schon lange vor dem Giftgaseinsatz haben andererseits der israelische Ministerpräsident und mächtige Kräfte in den USA und in Großbritannien für eine Intervention plädiert.
Eine Legitimation für einen Militärschlag dürfte laut internationalem Völkerrecht nur vom UN-Sicherheitsrat gegeben werden. Russland hat sich aber bereits klar dagegen ausgesprochen. Würden die USA und Großbritannien und ihre Verbündeten angreifen, so würden sie sich damit außerhalb des UN-Vertragswerkes stellen.
Zweitens: Die Folgen des Militäreinsatzes
In den letzten Wochen gibt es mit dem neuen iranischen Präsidenten Hassan Rouhani Hoffnungszeichen, dass das iranische Nuklearprogramm gestoppt wird. Ein US-Angriff würde diese Entwicklung gefährden, indem es die iranischen Hardliner stärken würde, die enge Verbindungen mit dem syrischen Regime haben.
Eine Militärintervention brächte unkalkulierbare Risiken mit sich. Die bisherigen US-Militärinterventionen in Afghanistan, im Irak oder in Vietnam haben gezeigt, dass kriegerische Interventionen meist mit langjährigen Kriegshandlungen verknüpft waren und keinen Frieden mit sich brachten. Was würde ein unkontrollierbarer Regimewechsel in Syrien nach sich ziehen, wenn die Extremisten an die Macht kämen, in deren Hand dann die syrischen Waffenarsenale wären – bis hin zu den chemischen Kampfstoffen?
Jedenfalls würde eine Militärintervention eine unkontrollierbare Eskalation des Krieges bedeuten mit einer Vervielfachung von Zerstörung, Kriegstoten und Kriegsverletzten. Mit Öl kann kein Feuer gelöscht werden!
Drittens: Alternativen zum Militärschlag
Tatsächlich müsste gerade nach diesem schrecklichen Giftgaseinsatz eine nicht-militärische und politisch-diplomatische Kriegsintervention von Seiten der internationalen Gemeinschaften – wie der Vereinten Nationen, der EU oder der Arabischen Liga – und der USA und Russlands erfolgen. Ziel muss ein sofortiger Waffenstillstand im syrischen Bürgerkrieg sein. Dieser könnte noch erreicht werden. Washington müsste intensiven Druck auf Saudi Arabien ausüben und Moskau auf den Iran, damit der permanente Waffenfluss in das Kriegsgebiet unterbrochen wird.
Einen Schritt haben Außenminister Michael Spindelegger und Bundeskanzler Werner Faymann gesetzt, indem sie gegen einen Kriegseinsatz ohne UN-Mandatierung Stellung bezogen haben und in diesem Fall auch keine Überflugsgenehmigungen erteilen würden. Im Sinne einer aktiven Neutralitätspolitik bräuchte es nun ein deutliches Engagement der österreichischen Außenpolitik für einen Stopp der Kriegsvorbereitungen und einen Waffenstillstand in der Region. Den Worten von Papst Franziskus möge die Zukunft gehören: „Die Zunahme der Gewalt in einem Krieg unter Brüdern und die vielen Blutbäder und schrecklichen Massaker, deren Bilder wir alle in diesen Tagen sehen konnten, treiben mich an, noch einmal laut meine Stimme zu erheben, damit die Waffen schweigen. Nicht die Konfrontation eröffnet Perspektiven für Hoffnung und Problemlösungen, sondern die Fähigkeit zur Begegnung und zum Dialog.“ (25.8.2013)
Dr. Klaus Heidegger
Kommission Pazifismus/Antimilitarismus von Pax Christi Österreich,
29.8.2013