Nachlese zum Vortrag von Johannes Zang „Gaza – so nah, so fern“

Nachlese: Artikel von Markus Pühringer und Gerhilde Merz zu Johannes Zang, Vortrag am 7.5.14

Ein Streifen am Mittelmeer, nicht größer als das Stadtgebiet von Wien, an manchen Stellen nur acht Kilometer breit. 1,8 Millionen Menschen leben in diesem Gebiet, weitgehend abgeschnitten von der restlichen Welt.

Der deutsche Journalist und Reiseführer in Palästina/Israel, Johannes Zang,  stellt sein neues Buch „Gaza – So nahe, so fern“  vor und erzählt mit Bildern noch viel mehr von seinen acht Reisen nach Gaza, die nicht immer ohne Zwischenfall abgegangen sind: So wurde ihm am Grenzübertritt ein Säckchen Erdbeeren, ein Geschenk von Gazaer Freunden, von israelischen Soldaten abgenommen: sie könnten mit Drogen oder Sprengstoff kontaminiert sein? Da ist es besser, sie zu stehlen!

Ein Besuch in Gaza ist kein Spaziergang: Zang zeigt Schutthaufen – früher der Palast der Gewerkschaft, das palästinensische Planungsministerium, Schulen, Krankenhäuser, Klärwerke und  das einzige Umspannwerk. Die Gebäude können nicht wiederaufgebaut werden, denn Israel verhindert die Einfuhr von ausreichend Baumaterialien. Dafür suchen Kinder in den Schutthaufen nach Metallteilen – vielleicht die einzige Möglichkeit, für die Familie etwas Geld durch deren Verkauf zu verdienen. Denn: die Arbeitslosigkeit liegt bei mehr als 33 %. Eine Frau zapft Wasser an einer intakten Wasserleitung – ob allerdings das Wasser trinkbar ist, kann bezweifelt werden. 90 % des Wassers sind es nicht, Abwässer können (siehe oben) nicht geklärt werden!

Früher, erzählt Zang, waren die Stromabschaltungen wenigstens geregelt, jetzt kann man jederzeit ohne Strom bleiben – und ohne vorsorglich eingeschmuggelte Aggregate könnten nicht einmal Krankenhäuser  versorgt werden. Vier Stunden Strom täglich ist ein guter Schnitt. Die von Israel ausgestellten Rechnungen allerdings würden viel höhere Lieferungen vermuten lassen!  

Die israelische Regierung hat den Warenverkehr von und nach Gaza weitgehend unterbunden: Wurden 2007 noch ca. 5.000 LKW-Ladungen im Jahr exportiert, so waren es im Jahr 2013 nur noch 181. Fischfang früher für Verbrauch und Export ganz wichtig, spielt kaum mehr eine Rolle; Von den 20 Seemeilen palästinensischem Hoheitsgebiet vor dem Gazastreifen können die Fischer nur 3 Seemeilen befahren – und sind nicht gefeit davor, von der israelischen Marine belästigt zu werden.  Die Folge dieser und anderer gezielter Erwerbseinschränkungen  ist eine desaströse Wirtschaftssituation mit hoher Arbeitslosigkeit. Folglich sehen die Menschen in Gaza – nach einer Umfrage der Ebert-Stiftung – auch die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als das vordringlichste Thema (wichtiger als die Lösung des Konflikts mit Israel).

Die weitere Entwicklung in Gaza scheint ziemlich aussichtslos. Positiv wertet Zang die Einigung von Hamas und Fatah; das könnte den weiteren Friedensprozess beleben. Was die Staatlichkeit Palästinas angeht, so mehren sich kritische Stimmen in der Friedensbewegung, ob die Zwei-Staaten-Lösung wirklich die Lösung bringen könnte (vor allem angesichts der zerstückelten Lage im Westjordanland); die Alternative dazu wäre eine Ein-Staat-Lösung, also ein gemeinsamer Staat von Israel und Palästina. Aber damit gäbe es aufgrund der demografischen Verhältnisse  keinen „jüdischen“ Staat mehr!

AutorIn:Markus Pühringer und Gerhilde Merz