Die Herbst-Generalversammlung 2025 von Pax Christi Österreich fand am 3. und 4. Oktober im dialog.hotel Am Spiegeln in Wien statt. Am Freitagnachmittag widmeten wir uns im Studienteil dem Thema „Soziale Verteidigung statt Aufrüstung“. Als Referentin konnte Lucia Hämmerle vom Internationalen Versöhnungsbund gewonnen werden.
Grundlegende Überlegungen zur Logik der Gewalt
Hämmerle eröffnete ihr Referat mit der provokanten Frage: In welcher Logik leben wir – und in welcher wollen wir leben? Die verbreitete Idee, sich mit Waffen zu wehren, scheint zunächst alternativlos. Doch mit Gewalt zu antworten bedeutet auch, dem Aggressor die Wahl der Waffen zu überlassen. Zudem dürfen internationale Kräfte nicht unterschätzt werden, die mit ihren Interessen in die Souveränität von Staaten eingreifen und zu Stellvertreterkriegen sowie wirtschaftlichen Abhängigkeiten führen.
Konzept der Sozialen Verteidigung
Im Zentrum des Vortrags stand die Frage: Wie kann man sich ohne Waffengewalt gegen einen militärischen Aggressor zur Wehr setzen? Soziale Verteidigung bedeutet gewaltfreien, aber aktiven Widerstand. Anders als bei militärischer Verteidigung geht es nicht um die Sicherung von Grenzen, sondern um den Schutz von Institutionen, Lebensweisen und Werten wie Freiheit, Demokratie und Menschenwürde.
Das Grundprinzip: Jede Herrschaft benötigt die Mitarbeit der Bevölkerung. Wenn Menschen nicht kooperieren, entsteht ein wirkungsvoller Hebel gegen Unterdrückung. Niemand kann alle Schlüsselfunktionen einer Gesellschaft einfach ersetzen. Entscheidend ist dabei die breite Beteiligung möglichst vieler Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten und niederschwelligen Zugangsmöglichkeiten.
Methoden und Vorbereitung
Hämmerle betonte das „Backfire-Prinzip“: Es gibt eine Hemmschwelle, Gewalt gegen gewaltfrei agierende Menschen einzusetzen. Wichtig ist zudem, den „Feind“ als Menschen zu sehen und mit ihm in Kontakt zu treten. Soziale Verteidigung erfordert jedoch intensive Vorbereitung: Dezentralisierung der Infrastruktur, alternative Kommunikationswege, gewaltfreie Sabotage und das Weiterführen gewohnter Abläufe ohne Kollaboration mit der unerwünschten Macht.
Umfassender Ansatz
Soziale Verteidigung ist mehr als eine Methode für den Ernstfall. Sie muss zu einer Haltung werden, die alle Bereiche des Lebens durchdringt: globale Gerechtigkeit, Umweltschutz, gewaltfreie Kommunikation und politisches Engagement. Es braucht ein generationenübergreifendes, reflektiertes gesellschaftliches Bewusstsein. Hämmerle forderte: „Wer wir morgen sein wollen, entscheidet sich heute.“
Konkrete Schritte für Pax Christi
Die Versammlung diskutierte, wie Pax Christi Österreich in diesem Themenfeld weiterarbeiten kann. Vorgeschlagen wurde die Entwicklung eines gemeinsamen Narrativs auf Basis der Bergpredigt, Vernetzung mit anderen Friedensinitiativen und verstärkte Bildungsarbeit. Besonders wurde auf das wichtige Schreiben der katholischen Bischofskonferenzen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas zur sozial-ökologischen Sicherheit anlässlich der COP 2025 hingewiesen.
Klar ist: Der Aufbau einer Kultur des Friedens erfordert langfristiges Engagement, Bewusstseinsbildung und den Mut, aus der Logik der Gewalt auszubrechen.
Im Sitzungsteil der Generalversammlung am Samstag wurden die Relevanz der Inhalte des Vortags für die Friedensarbeit von Pax Christi nochmals besprochen und konkretisiert. Außerdem standen Berichte aus den Landesgruppen, Kommissionen und Pax Christi International am Programm sowie das Planen kommender Aktivitäten.
Eine Stellungnahme von Pax Christi Österreich zum Thema Soziale Verteidigung ist in Planung.

