22.5.2013

22.Mai

Wir warten mit den Schülerinnen, bis die Soldaten kommen, um die Kinder sicher auf der Straße durch das settlement auf die andere Seite des Hügels zu bringen, wo sie wohnen.

V.Windischer (EAPPI)

21.5.2013 Prisoners Club

21.Mai

Jeden Dienstag versammeln sich ein paar dutzend Leute in der Nähe unseres Hauses, vor dem Eingang des (ICRC) Internationalen Roten Kreuzes.
Der“Prisoners Club“ (Club der Gefangenen) besteht vornehmlich aus Familien, deren Angehörige politische Gefangene sind. Es gibt z.Z (Stichtag 1.4.13) 4.900 politische Häftlinge, die in israelischen Gefängnissen eingesperrt sind. Unter den Häftlingen sind 14 Frauen. Der Verurteilungsgrund: Teilnahme an Demonstrationen, Steinewerfen, Angreifen der IDF (israelischen Armee), Widerstand gegen IDF, Mitgliedschaft einer palästinensischen politischen Organisation. 370 haben lebenslängliche Haft, 136 sind jünger als 18 Jahre, 126 Häftlinge sind schwer krank.
Heute konnte ich mit einigen Familien sprechen, sie erzählten mir das Schicksal ihrer Angehörigen.
Mahmud ist der Vater von Jedi Mahmud Nasser. Sein Sohn (siehe Foto) verbüßt lebenslängliche Haft. 2003 wurde er festgenommen, zugleich wurde in einer Strafaktion das Haus der Familie gesprengt. Sie konnten nur das retten, was sie am Körper trugen. Islam Amad Jalina (siehe Foto) trägt das Bild von ihrem Enkel Hadrim. Er wurde zu 20 Jahren verurteilt, verbüßte schon 10 Jahre im israelischen Gefängnis Jelbow. Nakad (siehe Foto) trägt das Bild von einem ihrer Söhne, von Farez Halil Hariya, er ist 24 Jahre alt und hat schon 7 Jahre verbüßt, kommt in einem Jahr frei. Nayad (siehe Foto) ist wegen ihrem Sohn Ahmadu da, von 7 Jahren verbüßte er schon 5 Jahre. Sie muss noch 2 Jahre warten.
Als ich dann weiter fragte, sagten mir Mütter, dass 3,4 ihrer Familienmitglieder schon politische Gefangenen waren, dass jetzt noch 2 im Gefängnis sind. Eine andere Frau meinte, dass sie als Mutter von 7 Kindern selber 6 Monate im Gefängnis war, dass jetzt noch 2 Familienangehörige im Gefängnis sind. Ich konnte nicht mehr weiterfragen, zu viel schreckliche Nachrichten. Und man schaut bei diesen Berichten den Müttern in die Augen. Ich weiß nie, was ich sagen soll. Manchmal sage ich, dass sie starke Frauen sind und nicht viel mehr. Ich hab keine Worte.
Sie tragen Bilder ihrer Ehemänner und ihrer Kinder. Es sind hauptsächlich die Frauen, die Mütter, die jeden Dienstag kommen, und die Bilder ihrer gefangenen Angehörigen mitbringen, das schon seit Jahren und immer wieder.
Frau Ahmad Jalima weinte, sie darf ihren Enkel nicht besuchen, sie hat ihn so gern gehabt, er hat noch 10 Jahre Haft vor sich. Vielleicht erlebt sie noch die Freilassung?

J.Windischer (EAPPI)

 

18.5.2013

18.Mai

Wir sind 4 Leute in unserm Team in South Hebron Hills. Samstags sind wir immer einsatzbereit, wohin wir von unserem Kontaktmenschen Nasser gerufen werden, wo es Konflikte geben kann.

Die anderen Tage besuchen wir Dörfer, wo wir unsern Schutz und unsere Hilfe anbieten, wir haben 2 Schulen, wo wir Kinder begleiten, da es sonst gefährlich für sie sein kann, wir haben zu 2 Checkpoints zu gehen, zu beobachten, ob Menschenrechte eingehalten werden, Kontakte zu anderen NGOs zu pflegen, präsent sein in Yatta, Berichte schreiben u. v. m.

Heute ist's sehr heiß, es ist momentan ruhig.

In Yatta wohnen wir zwar, aber wir arbeiten hauptsächlich in der ganzen Region Yattas und in der Militärzone. Drum ist die Präsenz in Yatta auch am schwierigsten. Zum einen ist Yatta riesengroß, 100.000 Einwohner, zum andern 100% muslimisch. Evarossa aus Deutschland und ich aus Österreich sind die einzigen Frauen ohne Kopftuch, wir werden wie Exoten gesehen, das ist oft nicht leicht: wir werden angeredet, angegriffen, oft abgetastet, aber im Prinzip sind die Menschen sehr freundlich. Mit den Nachbarn haben wir guten Kontakt.

Yatta sieht aus wie ein großes Dorf: eine Hauptstraße asphaltiert, sonst Schotterstraßen, keine Ampel, keine Gehsteige, 1 Restaurant, kein Hotel, 100 Moscheen, viele Schafställe, Kinder auf den Straßen. Die Familien haben viele Kinder, die Familien halten sehr zusammen, es sind große Clans. Ich hab noch keine hungrigen Kinder gesehen, die Familien haben Schafe, Hühner, Olivenbäume, es gibt für alle zu essen. Was ich in keiner Familie gesehen habe: Spielzeug, Bücher. Natürlich auch kein Alkohol.

Das war so ein bisschen die Beschreibung von meinem Einsatzort.

Es ist Samstag. Alle Samstage spielt sich dasselbe ab. Die jüdischen Siedler haben am Shabbat nichts zu tun. So versuchen sie immer wieder, in die nebenanliegenden Felder der palästinensischen Bauern und Hirten einzudringen.

So heute wieder. Wir wurden gerufen, nach She’b El-Buttum zu kommen, ein kleines Zeltdorf in der Nähe von Susiya. Alle umliegenden Dörfer von der Landstraße hier in South Hebron Hills sind gefährdet.

Als wir ankamen war schon eine Menschenansammlung – mitten in einem Kornfeld: Bauern, Hirten, Männer und Kinder, viele Soldaten und noch andere NGOs von gewaltfreien Menschenrechtsorganisationen (Israelis, Palästinenser und Internationale). Als die palästinensischen Bauern über den Hügel auf ihr anderes Feld gingen, sahen wir 5 Siedler auf uns zukommen. Die Soldaten dazwischen…in Kürze waren 9 Autos da: Militärfahrzeuge, Polizei und die private Siedlerpolizei. Zuerst wurden wir alle zurückgewiesen, einige von Soldaten zurückgeschoben, die Soldaten waren sehr streng und einsichtslos…. sie erfüllen ihre Aufgabe, erst dann wurden die Siedler gebeten, ein Stück zurückzugehen. 200m mussten wir zurück. So blieben wir mit den Bauern und Hirten und den anderen NGOs sitzen – neben ihrem Feld, das sie nicht mehr betreten durften, da das jetzt Militärzone sei. 2 Bauern neben mir, erklärten, dass sie dieses Kornfeld bald ernten müssten. Die Palästinenser haben sehr Angst, sie wollen nicht ihr Land verlassen, sie lebten immer schon hier, auch ihre Eltern und Vorfahren. Sie haben Angst, einmal alles verloren zu haben.

V.Windischer (EAPPI)

17.5.2013 Far’ata – Vorgestern ein Überfall, heute eine Hochzeit

17.Mai

Abu Wael , der Dorfälteste von Far'ata, berichtet heute:

Mittwoch 15 .Mai um etwa 14 Uhr kamen sechs Siedler vom Osten her in das Dorf Far'ata. Die Siedler kamen aus dem illegalen Außenposten (Outpost) der illegalen Siedlung Gilad Farm und sie zogen sich wieder zurück. Um 17.30 marschierten etwa sechzig Siedler heran, vermummt und mit weißen T-Shirts bekleidet – und sie begannen die Häuser mit Steinen zu bewerfen. Einige von ihnen trugen Gewehre. Die Dorfbevölkerung eilte herbei, stand den Drohenden gegenüber, versuchte sich zu verteidigen. Über die Lautsprecher der Moscheen wurde um Hilfe gerufen. Um 18 Uhr kam die IDF (= Israel Defence Force, die israelische Armee) und schoss mit Tränengas in die Kämpfenden. Und dann kam noch die israelische „DCL“ und auch weitere Gruppen der so genannten Grenz-polizei. Abu Wael suchte telefonisch Hilfe bei den „Rabbis for Peace“(Rabbiner für den Frieden, eine sehr wichtige israelische Friedensbewegung), die auch telefonisch zu intervenieren versuchten. Gegen 20 Uhr zogen die Siedler aus dem Dorf ab. Zurück im Dorf blieben die IDF-Soldaten und die Dorfbewohner, die noch einmal glimpflich davon gekommen waren.

Das erzählte uns Abu Wael während des Hochzeitsfestes seines Sohnes. Wir waren eingeladen worden, am Hochzeitsmahl teilzunehmen, wobei – der Tradition entsprechend – die Männer und Frauen jeweils getrennt unter sich feiern.
Leid und Freud liegen so nah beisammen. Ich bewundere die Leute, weil sie sich trotz der bedrückenden Besatzung und permanenten Bedrohung durch aggressive Siedler ihre Feste nicht nehmen lassen. Warum sie uns beim Überfall nicht verständigten? Deswegen seien wir ja da! Sie hätten Angst um uns gehabt, entschuldigt sich der Dorfälteste. Aber das nächste Mal werden sie uns anrufen – obwohl sie wissen, dass die IDF die Präsenz von Internationalen (EAPPI oder anderen Friedensgruppen) überhaupt nicht gern hat, und die Internationalen die Konflikte kaum verhindern können. Wer sieht schon gern Zeugen, wenn Unrecht geschieht? Die Täter wohl selten, die Opfer aber sehr wohl.

J.Windischer (EAPPI)

 

16.5.2013

16.Mai

unter diesem Zelt versteckt – ein gemauertes Haus ohne Fenster. Baustopp vom Militär – Militärzone, Bauen ist nicht erlaubt.
Moschee wurde schon zerstört.

V.Windischer (EAPPI)

14.5.2013

14.Mai

2 Buben kommen mit dem Esel zur Schule geritten
Wie sieht die Zukunft dieser Kinder aus – die nie wissen wie lange sie noch bleiben können?

V.Windischer (EAPPI)

13.5.2013 Alltag in Palästina – Eigenartige Begegnungen

11.Mai

Wir gingen am Straßenrand, hintereinander, unauffällig, an einer jüdischen (illegalen) Siedlung (Settlement) vorbei. Die Siedlung lag in ca 100m Entfernung. Plötzlich begann ein Siedler zu schreien. Ich konnte es nicht unterdrücken: hab einfach gegrüßt, gewunken und Hallo gerufen. Dann begann er zu toben und fing zu fluchen, schimpfen und zu schreien an, als ob er Hunde verteiben wollte. Wir folgten ganz gelassen unseren Weg. Es handelte sich übrigens nicht um eine Sperrzone, sondern um eine Straße, die durchs Land führt.

13.Mai

Auf der Heimreise nach Tulkarm passierten wir mit unserem Sammeltaxi auf einer Landestraße eine Kreuzung. Ca 20 Soldaten, 3,4 Militärfahrzeuge, patroullierende Soldaten mit Maschinengewehr im Anschlag, eigentlich nichts Außergewöhnliches. Eine Gruppe von Siedlern wartete am Straßenrand und wartete auf Mitfahrgelegenheiten. Siedler nehmen dann Siedler mit. Zwei Siedlerinnen gingen in die Straßenmitte zum langsam vorbei fahrenden Sammeltaxi, schreiend, mit bedrohlichen Gesten und spuckten auf die Windschutzscheiben. Die Soldaten standen daneben und schauten zu.
Es war für uns nicht bedrohlich, aber sehr unschön. Die Palästinenser , die mit uns fuhren ,verzogen keine Mine, der Chauffeur zündete sich eine Zigarette an und fuhr normal weiter.
Übrigens: Siedler tragen oft Waffen, haben oft Maschinengewehre umgehängt. Israelis dürfen Waffen tragen, für Palästinenser würde ein Taschenmesser schon ein Problem bedeuten, eine Festnahme rechtfertigen.
Man gewöhnt sich daran, in einem besetzten Land zu leben: überall Mauern, Zäune, Sicherheitskontrollen, Militärfahrzeuge, Wachtürme,schwer bewaffnete Soldaten und wieder Zäune.

J.Windischer (EAPPI)

12.5.2013 Besuch bei einer Familie in Bir al Idd

12.Mai

Besuch bei einer Familie in Bir al Idd, die in einer Höhlenwohnung lebt (10 Kinder. Sie sind nicht arm, sie leben von Schafen und Hühnern… auch sie haben Angst, vertrieben zu werden, leben sie doch sehr nahe an der Grenze zu Israel – ihr Gebiet ist zur Militärzone erklärt worden.

V.Windischer (EAPPI)

11.5.2013 Umm al´ Ammad

11.Mai

Bin auf Besuch in den South Hebron Hills. Begleitete die Arbeit des Teams von Patrick, Eva Rosa and Veronika). Beim Begleiten von Hirten in traditionellen Weide­gebieten, die von "Settlers" bedroht wurden, trafen wir auf sehr viel Militär (IDF). Der Einsatz der Militärs wurde von einem "Settler" koordiniert. Trafen engagierte Israelis der Organisation Ta'ayush, welche die dztg. Politik Israels nicht nur schärfstens kriti­sieren, sondern auch auf Seite der palästinensischen Hirten für deren Rechte kämpfen. Bin sehr berührt vom Engagement der Familie Ruth und Josef, deren Tochter Ada und des Sohnes Avidan. Vor kurzem wurde die Familie festgenommen und eingesperrt, da sie als israelische Menschenrechtskämpfer einen Checkpoint Erdhaufen (Absperrung) einfach wegschaufelten. Es ist einfach beeindruckend Leute zu treffen, die dies als Lebensaufgabe sehen: für Frieden und Gerechtigkeit zu leben und kämpfen Es sind nicht viele Leute, aber diese Leute sind sehr stark und strahlen Hoffnung aus . Schalom, salam!

J.Windischer (EAPPI)

11.5.2013

11.Mai

Gestern zerhackten aggressive Siedler in der Nacht 50 Olivenbäume, die Lulu, die Großmutter vor 35 Jahren gepflanzt hat. Alle sind sehr sehr traurig.
Auf dem Beton gesprayt – soungefähr die Bedeutung: die Abrechnung fürs Stehlen

V. Windischer (EAPPI)