2.5.2013 Flüchtlingscamp Fawwar

 

2.Mai

Ich war heute im Flüchtlingscamp Fawwar südlich von Hebron. Hier leben 10.000 Menschen auf 1 km² engstem Raum. Es gibt eine Schule für Buben, eine für Mädchen und ein Gesundheitszentrum, einige Geschäfte und eine große Moschee. Das wars. Der Großteil der Menchen sind arbeitslos, sie haben auch kein Land, wo sie bauen oder etwas anpflanzen könnten. So sitzen und stehen überall im Camp die Männer herum, auch mitten in der Nacht, Tausende, wurde mir gesagt – so gibt es auch viele Unruhen hier. Frauen und Mädchen gehen außer ins Geschäft nicht außer Haus. Die jungen Menchen sind ohne Zukunftshoffnung, das ist so traurig.

V.Windischer (EAPPI)

30.4.2013 Dauernde Konflikte mit Siedlern (Immatin / Far´ata Palästina)

30.April

In der Nachbarschaft besuchten wir (EAPPI Team Tulkarm)die Familie Fuat und Manal Chanin. Ihr Familenbestitz (ca. 2 ha) grenzt an ein Settlement.
Wiederholt wurde die Familie von den Siedlern aus ihren Olivenhainen vertrieben. Sie fanden letztes Jahr auch keine Arbeiter mehr, welche sich auf die Olivenhaine wagten. Alle haben Angst vor der Unberechenbarkeit der Siedler. Die Siedler sind in der Regel bewaffnet, ritten oft durch ihren Grund und vertrieben Besitzer und Arbeiter. In der Folge wurden Olivenbäume umgesägt, und auch Grund zum Straßenbau enteignet. Seit einigen Jahren werden zudem noch industrielle Abwässer des Settlements in die Felder und Ölhaine abgeleitet. Wir begleiteten Fuat und Manal auf die Felder: die Olivenhaine wurden in den letzen Monaten vernichtet. Wir folgten den verzweifelten Leuten. „Look ,what they have done, schau , was sie getan haben, hier standen 80 gute, schöne Ölbäume, schau, wir sterben jeden Tag ein bisschen mehr, ganz langsam.“, so Fuat.

In einem Konflikt in einem nahegelegenen Settlement (israel. Siedlung) in der Nähe Tukarms wurde ein Siedler erschossen. Unmittelbare Vergeltungsschläge wurden und werden befürchtet. Palästinenser wagten sich in der Region nicht mehr auf die Felder, welche in der Nähe von Settlements liegen, vermieden bestimmte Routen, um befürchteten Schießereien und auch Steinwürfen zu entgehen.

Auf Grund der angespannten Lage vermieden wird den Besuch von weiteren palästinensischen Olivenhainen, die in bedrohten Gebieten liegen, ließen uns allerdings aus gesicherter Entfernung die Lage erklären.“ Auch wenn meine Arbeit immer wieder zerstört wird, ich komme immer wieder“, es ist mein Land.

Als Begleiter (EA – ecumenical accompaniment) stehe ich meist völlig hilflos neben palästinensischen Bauern, die nicht aufgeben wollen und werden. Was mich berührt: sie bedanken sich immer wieder, dass wir da sind, obwohl wir völlig hilflos und machtlos neben ihnen stehen.

 

 

J. Windischer (EAPPI)

29.4.2013 Unterwegs mit Israelis

Unterwegs mit Israelis

Erhielten Nachricht von gewaltfrei geplanter und mit gewalttätigen Auseinandersetzungen endender Demonstration in Kafr Quaddum (Palästina). Besuchten am nachfolgenden Tag Bürgermeister, Aktivisten und eine der am meisten betroffenen Familien in der „Frontlinie“: dort wo der Zusammenstoß der Demonstranten mit der Israelische Armee (IDF) erfolgte. Besonders gelitten hat die Mutter der Familie Abu Ihab, die bei diesem Zwischenfall auf Grund des Eindringens von Tränengas in das Haus ohnmächtig wurde und von der Rettung abtransportiert werden musste. Gemeinsam mit ca. 50 Israelis, die meisten aus Tel Aviv, besuchten wir den Schauplatz der Zusammenstöße. Die Israelis kamen mit einem Reisebus und wurden von der israelischen Frauenorganisation Machsom Watch begleitet. Bewohner von Kafr Quaddum versuchten den Besuchern die Problemlage zu erklären. Die Besucher bekundeten in den Gesprächen ihre Erschütterung über die Situation der Bewohner. Auf die Frage, ob in den Häusern der Frontlinie Familien wohnen würden, bestätigte ich, dass EAPPI die darin wohnenden Familien kenne und besuche. Die Israelis waren sehr am Einsatz der EAPPI MitarbeiterInnen interessiert. Alle bekundeten, dass eine gewaltfreie Lösung der Konflikte der Wunsch wohl der meisten Israelis wäre. Einige Besucher meinten, dass die Militärausgaben unverhältnismäßig seien, die Opfer zu enorm, dass soziale Probleme in Israel zu lösen wären. Für viele Israelis sei die Problemlösung zielführender als die Fortsetzung der Besatzung. Eine sehr beeindruckende Begegnung mit Israelis auf palästinesischem Boden.

J. Windischer 29.4.2013 EAPPI Tulkarm Team

 

 

26.4.2013 Wohnen neben einem Denkmal

Tulkarm 26.4.2013
Wohnen neben einem Denkmal
 
Unser EAPPI  Team (48) hat seine Arbeit aufgenommen. Sissel aus Norwegen, Ana aus Finnland, Bartek aus Polen und ich. Wir wohnen im Tiefparterre eines großen Hauses, ein paar Minuten neben dem Markt, direkt neben 2 Moscheen, in der unmittelbaren Nachbarschaft eine Ruine: in der letzten Intifada wurde dieser Posten von der israelischen Armee gesprengt. In Tulkarm wurde besonders hart durchgegriffen. Besonders viele Häuser wurden durchsucht, es gab besonders viele Vergeltungsschläge und Gefangene. Direkt neben unserem Eingang, vor der gesprengten Polizeistation wurde in diesen Tagen ein Denkmal eröffnet. Es soll an die vielen gefangenen Palästinenser erinnern. Die meisten Gefangenen sind Jugendliche, sogar Kinder (12 Jahre), die nach Steinwürfen auf Objekte der IDF (Israelische Armee) festgenommen, verhört, gefangen gehalten und in Gefängnisse in Israel transferierte wurden und werden. Morgen besuchen wir die Schwester eines palästinensischen Jungen. Er war vom 14. bis zum 17. Lebensjahr wegen Steinewerfens im Gefängnis, dann einige Monate frei und wurde letzte Woche neuerlich wegen Steinewerfens eingesperrt. Ein Teammitglied wird der Schwester die Anteilnahme aussprechen und demnächst beim Prozess dabei sein. Eine andere Aufgabe des Teams: bei den Protestversammlungen und Demonstrationen dabei zu sein und unsere Solidarität zu bekunden; es sind viele Gefangene, es sind minimale Delikte, oft sind es Kinder und Jugendliche, die lange Strafen in Gefängnissen verbüßen.
 
J.Windischer (EAPPI)

20.4.2013 Kafr Quaddum

Kafr Qaddum

Die Freitagsdemonstration (19.4.) wurde gewaltsam beendet. Ein paar hundert Einwohner von Kafr Qaddum forderten wiederum die Freigabe eines Durchgangs zu ihren Feldern und zu ihrem Nachbardorf. Israelische Siedler versuchen durch ihre illegalen Besetzungen den Palästinensern immer mehr Land zu nehmen. Die Durchfahrt wurde den Palästinensern von Behörden und IDF (Israelisches Militär) untersagt. Einen zeitraubenden und langen Umweg wollen die Einwohner nicht mehr in Kauf nehmen. Mit schwerem Militärfahrzeug, durch Abfeuern von Tränengas, ohrenbetäubenden Lärmsirenen, durch Bespritzen der Demonstranten mit Stinkwasser wurden die Demonstranten zerstreut. Die palästinensischen Demonstranten bewarfen die schweren Militärfahrzeuge mit Steinen. Dutzende von Soldaten attackierten die Demonstranten. Zeugen berichteten von einem Schlachtfeld. Besonders betroffen war und ist eine Familie, die ein Haus an der Frontlinie bewohnt. Durch den massiven Einsatz von Tränengas verschlimmerte sich die Situation in der Wohnung. Die Familienmitglieder litten schwerstens unter dem Tränengas, irrten in der Wohnung umher und rangen nach Luft. Durch das über sie verhängte Ausgangsverbot blieb ihnen keine andere Wahl. „Es war der schlimmste Freitag; dass wir überlebten, verdanken wir Allah.“, so die leidgeprüfte Mutter. Das EAPPI Team besuchte mit mir die Familie in der Hoffnung sie hiermit ein wenig zu trösten und einfach da zu sein.


Jussuf Windischer EA (Tukarm)

19.4.2013 Überleben an der Mauer

19.4.2013 Tulkarm
Überleben an der Mauer

Am Stadtrand von Tulkarm, direkt an der Trennmauer stehen einige im israelischen Besitz stehende Chemiefabriken mit toxischer Produktion und eine Recyclingfirma des IDF (Israelische Armee) auf palästinensischer Seite. Nachdem sich vor Jahren breite Sektoren von Bewohnern in Israel gegen diese in Israel stationierten Fabriken wandten, wurden diese Produktionsstätten schon vor einigen Jahren von Israel nach Tulkarm/ Palästina verlegt. Vergiftungen, schwere Umweltschäden, Zunahme von diversen Erkrankungen der Bevölkerung von Tulkarm waren die Folgen. Die Giftfabriken stellten inzwischen die Produktion bei besonderen Windverhätnissen ein. Ansonsten sind die Fabriken nach wie vor in Betrieb. Die Umweltverschmutzung bleibt und gefährdet Mensch und Natur.
Neben dieser Fabrik versucht sich eine alternative Farmerfamilie im biologischen Landbau und verwendet keine Pestizide und Fertilizer. Wir besuchten den stolzen Bauern, der uns viele natürliche verwendete chemiefreie Mittel zeigte. In all seiner Not musste er die Anbauflächen mit Plastikplanen und Plastiktunnels schützen. In der chemieabfallfreien Zeit sammelt er das gesamte Regenwasser, um Resourcen zu schonen und auch um teure Wassereinkäufe zu vermeiden. „Die Zukunft hängt vom Wasser ab. Deshalb gäbe es auch Kriege, es gibt aber auch einen gewaltfreien ökologischen Widerstand“, so der Farmer.

J. Windischer EAPPI

Mit Kindern und Jugendlichen im Flüchtlingslager (Tulkarm Camp)

In Tulkarm gibt es zwei Flüchtlingslager. Eines, das sogenannte Tulkarm Camp hat 20.000 Einwohner, ca 10.000 Angehörige befinden sich auswärts, es liegt fast im heutigen Zentrum von Tulkarm. Dort wo damals die Zelte der Flüchtlinge standen, stehen heute eng aneinandergebaute Häuser, es gibt nur sehr enge Gassen oder Durchgänge. Alles ist hier extrem beengt, die meisten Wohnungen extrem klein, viele Gebäude sind feucht. In diesem Camp besucht unser EAPPI Team wöchentlich einen Jugendtreff. Wir sollten ein neues Spiel zeigen, dann ein palästinensisches Spiel machen, zwischendurch zählen auf Englisch. Wir spielten mit und brachten die Kinder sehr zum Lachen. Vielleicht ist das ein kleiner Beitrag, um den tristen Alltag im sogenannten Flüchtlingscamp ein bisschen aufzuheitern. Ob ich das nächste Mal die Gitarre mitnehme, weiß ich noch nicht, das gäbe zu viel zum Lachen.

J.Windischer (EAPPI)