Volksbefragung Bundesheer/Berufsheer: Mein Argument – Meine Stimme

Demilitarisierung eröffnet Friedensperspektiven

Die Fragestellung der kommenden Volksbefragung lässt nur militärische Varianten offen. Die Möglichkeit, ohne Heer auszukommen, wird außer Acht gelassen. Die Ungewöhnlichkeit dieses Vorschlags ruft zunächst Befremden und Ängste hervor. Doch gibt es seit 1949 ein Land ohne Armee: Costa Rica.

Eine Demilitarisierung kann planvoll in mehreren Etappen durchgeführt werden. In einer Zeitperspektive, die Möglichkeiten gibt, auf geänderte Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Akzeptanz zu reagieren. Das eingesparte Geld ist friedenstiftenden sozialen und ökologischen Zwecken zuzuführen.


Durch die Einengung der Fragestellung auf das Instrument Militär wird eine ganze Palette von Möglichkeiten außer Acht gelassen, sich gegen mögliche Aggressoren gewaltmindernd zu verteidigen. Eine frühzeitige Gewaltbereitschaft verhindert, dass die Wurzeln von Bedrohungen und Konflikten zutreffend erkannt werden (können) und der Interessenausgleich nicht als erste, sondern als letzte Möglichkeit sieht gesehen wird.

Den Optionen Wehrpflicht und Berufsheer liegen unterschiedliche Motive zu Grunde. Folgende Kriterien gilt es zu beurteilen: Wo liegt das größere Gewaltpotential, wie groß ist die Möglichkeit dieses „nach Innen“ zu richten, und wie sehr ist es demokratisch steuerbar? Ein Berufsheer macht schnelle „effiziente“ Aktionen möglich. Die demokratische Kontrolle ist u. U. nur beschränkt gegeben. Die Gefahr einer „Außensteuerung“ durch die EU zur Mobilisierung für Angriffskriege, z.B. zur „Wahrung wirtschaftlicher und strategischer Interessen“ ist nicht von der Hand zu weisen. Ebenso ernst zu nehmen sind Bedenken, es eigne sich zur Steigerung der Militarisierung und der aggressiven Möglichkeiten einer Gesellschaft.
Demgegenüber bedeutet auch die Wehrpflicht nicht automatisch die Verminderung des Gewaltpotentials. Besser ausgeprägt ist aber der Charakter des Dienstes an der Gesellschaft, sowie eine identitätsstiftende und demokratisch legitimierende Funktion. Ihre Abschaffung würde daher auch diesen Faktor „entsorgen“.

Österreich hat sich zur „immer währenden Neutralität“ verpflichtet. Bei deren Verletzung will es „sich mit allen zu Gebote stehenden“ – also auch mit nichtmilitärischen – Mitteln verteidigen. Hier liegt die Chance, die Glaubwürdigkeit unserer Neutralität im erweiterten Angebot politischer Instrumente und humanitärer Hilfen zu stärken: politische Konfliktvermittlung, Hilfe bei Katastrophen, Friedenskorps im Rahmen einer reformierten UNO, etc.

Gewalt darf nur als „ultima ratio“ der reinen Selbstverteidigung Geltung haben. Sonst ist sie genau das, was sie in der Geschichte oft war: Ein untaugliches Mittel zur Angstbewältigung und Durchsetzung eigener Interessen.

Mag. Herbert Ruthofer, Graz, Mitglied von Pax Christi