Anfragen an die Bundesregierung – Gedanken der Kommission Pazifismus Antimilitarismus

Mittwoch, 11.9.2013

Kommission Pazifismus/Antimilitarismus von Pax Christi Österreich; c/o Dr. Klaus Heidegger

OFFENER BRIEF AN DIE ÖSTERREICHISCHE BUNDESREGIERUNG

Fünf Punkte, die wir von der österreichischen Bundesregierung – Bundeskanzler Werner Faymann, Außenminister Michael Spindelegger und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner – angesichts der Entwicklung in Syrien als notwendig erachten.

  • Aufnahme syrischer Kriegsflüchtlinge durch die EU-Staaten in einer koordinierten EU-Flüchtlingspolitik. Angesichts von 2 Millionen Kriegsflüchtlingen in den Nachbarländern Syriens und 4,5 Millionen Binnenflüchtlingen müssen die EU-Staaten mehr bereit sein, Kriegsflüchtlingen Asyl zu gewähren. Die geplante Aufnahme von 500 Flüchtlingen, zusätzlich zu den 1725, die seit 2011 in Österreich Asyl gefunden haben, kann nur ein erster Anfang sein. Schweden hat jetzt schon fast 15.000 Kriegsflüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland aufgenommen und gewährt ihnen einen unbefristeten Aufenthaltsstatus. Bundespräsident Fischer hat die Aufnahme einer größeren Zahl syrischer Flüchtlinge befürwortet, wobei das Religionsbekenntnis keine Rolle spielen dürfe. Sie sind unsere „Nächsten“. Insbesondere das österreichische Innenministerium sowie die Asylbehörden sollen sich auf nationaler und internationaler Ebene für eine offene Politik gegenüber den syrischen Flüchtlingen stark machen.
     
  • Keine Militärintervention in Syrien. In diesem Sinne haben sich die Österreichische Bundesregierung mit Bundeskanzler und Außenminister sowie Bundespräsident Heinz Fischer bereits deutlich positioniert. Eine US-amerikanische Militärintervention mit einer „Koalition der Willigen“ ohne UN-Mandatierung wäre gegen das Völkerrecht und die Satzung der Vereinten Nationen. Selbst eine Maßnahme laut „Responsibility to Protect“ bräuchte eine Entscheidung des Sicherheitsrates. Ein militärisches Eingreifen würde die Zahl der Toten und Verletzten erhöhen, eine Spur von Zerstörung nach sich ziehen und den Krieg weiter entfachen, in dem bereits mehr als 100.000 Menschen getötet worden sind. Der verabscheuungswürdige Einsatz von Giftgas ist kein Kriegsgrund, sondern braucht die Ächtung durch internationale Gerichte, wobei die Hintergründe des Giftgaseinsatzes durch internationale Inspektoren genau zu klären sind.
     
  • Sofortiger Stopp von Waffenlieferungen an die Kriegsparteien. Die USA könnten vor allem über Druck auf die saudi-arabische Regierung und die Golfstaaten eine permanente militärische Aufrüstung der Aufständischen – unter ihnen auch islamistische Organisationen – bremsen. Die Russische Förderation selbst wiederum muss ihre militärische Unterstützung für das Assad-Regime einstellen. Die Nachbarstaaten von Syrien, insbesondere die Türkei,  könnten diesen Waffenfluss durch rigorose Grenzkontrollen verhindern. Die EU sollte sich klar für dieses Waffenembargo aussprechen.
     
  • Nur ein Waffenstillstand zwischen den Bürgerkriegsparteien schafft Raum für eine Deeskalation und eine politische Lösung des Konfliktes. Für diesen Waffenstillstand sollten sich alle internationalen Staatengemeinschaften – wie vor allem die Vereinten Nationen und die Europäische Union – vorbehaltlos einsetzen. In deren Folge braucht es eine Friedenskonferenz, wie sie von vielen Seiten bereits vorgeschlagen worden ist. Signale in diese Richtung kommen nicht zuletzt auch von Russland, das sich stark für eine politische Lösung einsetzt und in diesem Sinne auch Druck auf Präsident Assad ausübt, sowie von der neuen Regierung im Iran mit versöhnlichen Tönen gegenüber dem Staat Israel.
     
  • Humanitäre Hilfe für die notleidende Bevölkerung in Syrien. Die Bevölkerung des Bürgerkriegslandes braucht humanitäre Hilfe – nicht Waffen! Österreich, die EU und andere internationale Staatengemeinschaften müssen dafür mehr Mittel zur Verfügung stellen.