„Das Liebesgebot macht nicht an der österreichischen Grenze halt“
Die Gedenkveranstaltung zum 73. Todestag des oberösterreichischen Seligen Franz Jägerstätter am 8. und 9. August 2016 in dessen Heimat St. Radegund stand ganz im Zeichen des Engagements für Integration und Menschen auf der Flucht. Zum Gedenktag kamen rund 150 Personen, unter ihnen auch 30 aus Italien. „Einsatz für Flüchtlinge bedeutet Schwimmen gegen den Strom“ Am 9. August 2016 gab Gina Abbate, pensionierte Pädagogin aus Meran und Mitglied von Pax Christi Italien, im Pfarrheim in Tarsdorf Einblick in ihr Engagement für minderjährig-unbegleitete Flüchtlinge.
Abbate erzählte die Fluchtgeschichte eines jungen Afghanen, die in dem Buch „Komak! Komak!“ („Hilfe! Hilfe!“) veröffentlicht wurde. „Die persönliche Entscheidung, sich für Flüchtlinge einzusetzen, wird zum Segen für uns alle“, davon ist Abbate überzeugt. „Bei unserer Arbeit brauchen wir den Mut, auch gegen den Strom zu schwimmen. Das Leuchten der seligen Märtyrer soll uns daher begleiten.“ In einer Grußbotschaft stellte der Südtiroler Journalist und Aktivist von Pax Christi Italien Francesco Comina, der aus gesundheitlichen Gründen verhindert war, den Anwesenden die Frage: „Was ist los? Jahrelang haben wir an den Mauern Anstoß genommen und jetzt können wir nicht genug davon bauen?
Die Angst vor dem Fremden hat die Politik des Mauerbaus vorangetrieben.“ (Pax Christi wird den Vortrag von Comina an anderer Stelle veröffentlichen) Geboren, um wach zu sein und Spuren zu hinterlassen Nach dem Vortrag folgte eine Fußwallfahrt von Tarsdorf nach St. Radegund, wo um 16 Uhr eine Andacht zur Todesstunde von Franz Jägerstätter stattfand, die von Pax Christi gestaltet wurde. Beim abendlichen Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche griff auch Bischof Dr. Manfred Scheuer in seiner Predigt das Thema Flucht und Integration auf. Er fragte zunächst mit den Worten von Papst Paul VI. am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils: „Was kommt heraus, wenn die Religion der Menschwerdung Gottes auf den heutigen Menschen trifft?“ Scheuer fragte weiter: „Was kommt heraus, wenn Europa auf Afrika trifft, wenn das Christentum auf die oberösterreichische Kultur trifft und der Islam auf die säkularisierte Welt?“ Als Antwort stellte der Linzer Bischof die Grundhaltung des barmherzigen Samariters aus der Bibel dar: „Sympathie. Das ist der Schlüssel für unsere Begegnungen.“ Der selige Franz Jägerstätter habe das Liebesgebot – „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ – verwirklicht und daher nicht mit der Waffe gekämpft. „Dieses Liebesgebot macht nicht an der österreichischen Grenze halt“, so Bischof Scheuer. Am Weltjugendtag habe eine junge Syrerin die Frage gestellt: „Wo bist du, Gott? Bin ich im und für den Schmerz geboren?“ Bischof Scheuer: „Im Gesicht, im Namen werden Menschen zum Nächsten. Wir sind geboren, um wach zu sein und Spuren zu hinterlassen.“ Der Innviertler Landwirt und Familienvater Franz Jägerstätter hatte sich aus Glaubensgründen geweigert, mit der Waffe für das Nazi-Regime in den Krieg zu ziehen. Daraufhin wurde er vom Reichskriegsgericht in Berlin wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und am 9. August 1943 hingerichtet. Im kommenden Jahr, am 18. März 2017, wird der Südtiroler Kriegsdienstverweigerer und Familienvater Josef Mayr-Nusser seliggesprochen.