Der Vortrag von Franz Josef Tremer über den NS-Märtyrer Pater Franz Reinisch zeigte deutliche Parallelen zur Gewissensentscheidung von Franz Jägerstätter auf. Wie Jägerstätter zu dieser Entscheidung gelangte, verdeutlicht ein neueres Textdokument, das 2021 in St. Radegund aufgetaucht ist und das beim Gedenken von Andreas Schmoller, Leiter des Franz und Franziska Jägerstätter Instituts der KU Linz, präsentiert wurde. Propst Johann Holzinger bezeichnete Märtyrer wie Jägerstätter und Reinisch in seiner Predigt beim Gedenkgottesdienst als „der Welt zugewandte Menschen, die noch spürten, was die Welt wirklich braucht, wenn sie ihre Konflikte und Probleme lösen will“.
Der Innviertler Landwirt und Familienvater Franz Jägerstätter hatte sich aus Glaubensgründen geweigert, mit der Waffe für das Nazi-Regime in den Krieg zu ziehen. Daraufhin wurde er vom Reichskriegsgericht in Berlin wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und vor 79 Jahren, am 9. August 1943, in Brandenburg an der Havel durch Enthauptung hingerichtet.
Das jährliche Jägerstätter-Gedenken wird von der christlichen Friedensinitiative Pax Christi und der Pfarre St. Radegund organisiert. Es begann am Abend des 8. August mit einem Abendgebet in der Kirche von St. Radegund. Zum eigentlichen Gedenktag am 9. August kamen über 100 Personen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien. Unter den Teilnehmenden waren u. a. die Jägerstätter-Töchter Maria Dammer, Aloisia Maier und Rosalia Sigl sowie weitere Familienmitglieder, Andreas Schmoller und Verena Lorber vom Franz und Franziska Jägerstätter Institut der KU Linz, Pastoralamtsdirektorin Gabriele Eder-Cakl, Mitglieder des Jägerstätter-Beirats und Mitglieder von Pax Christi und eine Pilgergruppe junger Erwachsener.
Franz Reinisch und Franz Jägerstätter als „Brüder im Geiste“
Am Vormittag referierte im Pfarrheim Tarsdorf um 9.30 Uhr der Theologe Franz Josef Tremer aus Fuchsstadt (Bayern) über Leben und Sterben des Kriegsdienstverweigerers Pater Franz Reinisch. Dabei wurden die Parallelen zwischen Pater Franz Reinisch und Franz Jägerstätter deutlich, die beide aus ihrem Glauben heraus die Entscheidung trafen, den Dienst mit der Waffe zu verweigern.
„Ich denke, rede und handle nicht, was und weil es andere denken, reden, handeln, sondern weil das meine innere Überzeugung ist“: Dieses Zitat charakterisiert die Geisteshaltung des Pallottinerpaters Franz Reinisch. Er wurde am 1. Februar 1903 in Feldkirch / Vorarlberg geboren und wuchs in Innsbruck auf. Nach der Matura 1922 studierte er zunächst Jus in Innsbruck, dann Jus und Gerichtsmedizin in Kiel. 1923 kam es bei ihm zu einer Lebenswende: Er machte vierwöchige Exerzitien in der Nähe von Basel, von denen er zwei Vorsätze mitnahm, die seine Gewissensbildung entscheidend prägten: „1. Ich will immer aufmerksam auf die Stimme Gottes in meinem Herzen und in meinem Gewissen hören. 2. Ich will immer der Anregung der Gnade Gottes treu folgen.“ Er verließ Kiel und begann in Innsbruck mit dem Studium der Philosophie und Theologie. 1925 zog er nach Brixen ins Priesterseminar und studierte dort Theologie. Im Seminar kam er in Kontakt mit dem Pallottinerorden. 1928 wurde er in Innsbruck zum Priester geweiht und trat in Untermerzbach in den Orden der Pallottiner ein; 1930 legte er seine Ordensprofess ab. Bei seiner Tätigkeit in der Jugenderziehung in Augsburg lernte er die Bewegung von Schönstatt kennen und lieben. Sein priesterliches Leben war von vielen Ortswechseln geprägt.
Reinisch-Forscher Tremer über die Anfänge von Janischs Widerstand gegen das NS-Regime: „Bereits 1934 in Friedberg hatte er sich kritisch über das politische System in Deutschland geäußert. 1936, nach seiner Versetzung nach Bruchsal in Baden, ereignete sich ein erster Zusammenstoß mit der geheimen Staatspolizei, weil Reinisch einen politischen Witz über Minister Goebbels machte.“ Reinisch habe Hitler sehr bald durchschaut: „Der Zeuge Ernst Wendl, damals Brudernovize in Friedberg, hat bestätigt, dass Reinisch schon 1934 (!) die Nazis als ‚Verbrecher‘ bezeichnet hat. Im März 1939 in Mannheim, in seinen Vorträgen ‚Geht hinaus in alle Welt! Unser missionarischer Auftrag‘ macht er einige Aussagen, die auch politisches Gewicht hatten und die auf seine geistige Freiheit verwiesen.“ Reinisch habe sich allmählich zu einem Christen entwickelt, der mehr Gott als den Menschen gehorcht habe. Ein Vortrag 1940 in Winzeln (Schwaben) hatte zur Folge, dass Reinisch von der Gestapo ein Rede- und Predigtverbot auferlegt wurde, was ihn als Priester nur noch bedingt einsatzfähig machte.
In Wegscheid erreichte Reinisch am 1. März 1942 der Einberufungsbefehlt für den 14. April. In der Zeit vor der Einberufung hatte er im Freundeskreis erklärt: „Auf das deutsche Volk kann ich den Fahneneid leisten, aber auf einen Mann wie Hitler nie.“ Tremer erläuterte: „Er kommt mit Absicht erst am 15. April nach Bad Kissingen, wo er sich in der Kaserne zu melden hat, und dort beginnt er langsam seine Hingabe zu vollziehen. Er verweigert den Fahneneid auf Hitler und wird deshalb in Bad Kissingen verhaftet. Seine Lebensentscheidung kommt in Konflikt mit der Politik und wird als Wehrkraftzersetzung angesehen. So wird die Theologie von Franz Reinisch politisch-praktisch.“ Im April 1942 fand die erste kriegsgerichtliche Vernehmung statt, am 7./8. Mai wurde der Priester von Bad Kissingen nach Berlin-Tegel gebracht. Dort kam er in Kontakt mit dem Gefängnispfarrer Heinrich Kreutzberg, der später auch Franz Jägerstätter begleiten sollte. Kreutzberg ermutigte ihn, seine Gedanken aufzuschreiben. Er begleitete Reinisch geistlich bis zu dessen Abreise am 11. August zum Hinrichtungsort nach Brandenburg/Havel. Die Gefängnisnotizen wurden später in zwei Bändchen herausgegeben: „Im Angesicht des Todes – Tagebuch aus dem Gefängnis“ und „Geheimnis der gekreuzigten Liebe – Meditation in der Gefängniszelle“.
Tremer über die Spiritualität von Reinisch: „Franz Reinisch weiß und glaubt, dass er sich mit seiner Widerstands- und Verweigerungstat in die letztliche Gottesgeborgenheit übergibt. Die Geborgenheit spürt er zum Beispiel bei der Meditation des Kreuzweges Jesu und beim Lesen der Heiligen Schrift.“ So habe Reinisch gegenüber seinem Gefängnisseelsorger Pfarrer Kreutzberg bei dessen Besuch am 3.7.1942 im Gefängnis Berlin-Tegel bekannt: „Ich greife immer wieder zum N. T., es ist voll Saft und Kraft. Wenn ich einmal schwere Stunden hier habe, dann greife ich zu meiner Bibel. In 10 Minuten bis zu einer viertel Stunde hat sich das stürmische Herz vollständig beruhigt. Das ist mein Trostbuch.“
Reinisch sei zwar ein Kriegsdienstverweigerer, „aber keiner, der nicht für sein Heimatland kämpfen würde, er ist ein Verweigerer des Fahneneides auf den Verbrecher Hitler und die Naziverbrecher. Er ist kein absoluter, sondern mehr ein relativer oder bedingter Kriegsdienstverweigerer“, wie Tremer betont. Nach einer zweiten kriegsgerichtlichen Vernehmung in Berlin fand am 7. Juli die Hauptverhandlung vor dem Reichskriegsgericht in Berlin-Charlottenburg statt, bei der Reinisch wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tod verurteilt wurde – ein Urteil, das erst 1991 aufgehoben werden sollte. Am 21. August 1942 wurde Franz Reinisch im Gefängnis Brandenburg-Görden an der Havel durch das Fallbeil hingerichtet – mit demselben Fallbeil, durch das später auch Franz Jägerstätter starb. Reinischs Urne ist in Schönstatt in der Diözese Trier begraben.
Für Tremer sind Reinisch und Jägerstätter „Brüder im Geiste“: „Beide hatten den gleichen Gefängnisseelsorger, Heinrich Kreutzberg, und dieser hat Jägerstätter 1943 eine große Freude gemacht als er ihm vom Schicksal und der Gewissensentscheidung des Franz Reinisch erzählt hat.“ Während Franz Jägerstätter am 26. Oktober 2007 seliggesprochen wurde, steht bei Reinisch die Seligsprechung noch aus. In den 1990 Jahren begann ein Seligsprechungsprozess in Augsburg unter Bischof Stimpfle, der dann von dessen Nachfolger aufgegeben wurde. Am 28. Mai 2013 wurde in Trier der Seligsprechungsprozess feierlich eröffnet; nun liegen die Akten in Rom. Postulator ist Pater Heribert Niederschlag von den Pallottinern. Reinisch selbst wollte keine Heiligsprechung für sich, weiß Tremer: „Als sein Gefängnisseelsorger, bei seiner Verabschiedung einige Kärtchen von Reinisch signieren lassen wollte, sagte dieser nach dem Schreiben: ‚Machen Sie aber keinen Heiligen aus mir.“
Der Theologe Franz Josef Tremer referierte über Leben und Sterben des Kriegsdienstverweigerers Pater Franz Reinisch. © Martin Pilgram
Wie Jägerstätter auf die Idee kam, nicht einzurücken
Um 13.30 Uhr führte eine Fußwallfahrt von Tarsdorf nach St. Radegund, wo um 16 Uhr eine Andacht zur Todesstunde von Franz Jägerstätter gefeiert wurde, die von Pax Christi gestaltet wurde.
Anschließend berichtete Andreas Schmoller, Leiter des Franz & Franziska Jägerstätter Instituts (FFJI) der Katholischen Privat-Universität Linz, über ein jüngst gefundenes Jägerstätter-Schriftstück, das am 20. Mai 2022 im Rahmen der Langen Nacht der Forschung erstmals der Öffentlichkeit präsentiert worden war. Das Dokument war im September 2021 von Willhelm Peterlechner in St. Radegund dem FFJI übermittelt worden. Peterlechner war im Rahmen von Recherchen zu einer Höfechronik in Nachlassmaterialien eines privaten Haushaltes zufällig darauf gestoßen. Es stammt also nicht aus dem Besitz der Familie oder näheren Verwandtschaft Jägerstätters, hat allerdings Bezüge zum Hof der Mutter von FranzJägerstätter. Nach Begutachtung von Material, Schriftbild und Inhalt des Briefes stand zweifelsfrei fest, dass es sich tatsächlich um einen Jägerstätter-Text handelt. Unter Umständen ist es einer der letzten Texte, den Jägerstätter vor der Verhaftung am 2. März 1943 verfasste. Das Schriftstück selbst ist undatiert und enthält keine Verfasser- und Adressatenangaben. Für eine Datierung Anfang 1943 (Jänner/Februar, evtl. sogar nach Erhalt des Einberufungsbefehles am 23.2.1943) spricht die Erwähnung des „Anschlusses“ im März 1938 als ein Ereignis, das bereits fünf Jahre zurücklag. Der Inhalt des neu entdeckten Dokuments deckt sich in keinem Abschnitt mit bereits bekannten Jägerstätter-Texten.
Andreas Schmoller über das Dokument: „Wir können von einem Text sprechen, der einige unbekannte Elemente im uns bekannten Schrifttum des Seligen Franz Jägerstätters aufweist. Das Besondere an dem handgeschriebenen Text sind bereits die Einleitungsworte ‚Wie kam ich eigentlich auf die Idee nicht einzurücken.‘ Viele Schriften Jägerstätters beginnen mit einer Frage. Sie sind stets Ausgangspunkt für eine Argumentation oder religiöse Erörterung. Im neuen Text tritt eine andere Ebene in den Vordergrund, nämlich die zeitliche Abfolge: Wie und wann haben die Gedankengänge ineinandergriffen, so dass schließlich für Jägerstätter klar war, dass die Wehrdienstverweigerung moralisch richtig ist und auch nicht der katholischen Lehre widerspricht? So beginnt Jägerstätter damit, dass er vor einem Jahr in etwa mit der Angst erfüllt war, wieder einrücken zu müssen. Sein Ausgangspunkt war dabei, dass es religiös geboten ist, der weltlichen Obrigkeit grundsätzlich zu gehorchen, auch wenn diese nicht christlich sei. Dass es keine Sünde sein kann, wenn er dem Befehl zur Einberufung nicht folgen würde, verdankte Jägerstätter dem Wirken Gottes: ‚Als ich aber meine Zuflucht zu Gott nahm, […] schickte er mir aber dadurch Rettung …‘“ Für Jägerstätter-Biografin Erna Putz betone und unterstreiche Jägerstätter in dieser Aufzeichnung die spirituelle Dimension seiner Entscheidung und gebe damit detaillierter als in ähnlichen Stellen die inneren Kämpfe und gedanklichen Schritte wieder, die zu seiner Verweigerung des Kriegsdienstes in der Deutschen Wehrmacht geführt hätten, so Schmoller.
Eine Bestätigung des neuen Gedankens habe Jägerstätter wenig später gefunden, als neue Plakate angebracht wurden, wonach der Beitritt zur Hitlerjugend eine gesetzliche Pflicht für Kinder zwischen 10 und 18 Jahren war. Damit war für ihn der Beweis erbracht, dass der Nationalsozialismus nicht nur Partei war, sondern auch den Staat und seine Gesetzgebung völlig durchdrungen hatte. „Wenn man also auch solches zum Gesetze machen kann, so wurde mir die Sache immer klarer…“
Im zweiten Teil des Textes, der gedanklich nicht immer leicht mitzuverfolgen sei, kehrten Elemente wieder, die von Jägerstätter bereits bekannt seien. Dennoch stoße man auch hier auf Überraschungen, wie Schmoller betont: „Jägerstätters Grundgedanke dabei: Da nicht die deutsche Volksgemeinschaft, sondern Österreich unser Vaterland ist, befinden wir uns seit dem ‚Anschluss‘ im März 1938 in Gefangenschaft. Dass nun Gefangene gleich nach der Niederlage bzw. Gefangennahme für eine neue Macht kämpfen sollen und dies dann immer damit legitimiert sei, dass man ja nur der weltlichen Autorität folgen müsse, sei schwer vorzustellen und eigentlich auch historisch unüblich. Neu ist in diesem Zusammenhang auch, dass Franz Jägerstätter als Illustration den Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer anführt, der nach seiner Niederlage auch nicht aufgefordert wurde, nun für die Franzosen zu kämpfen.“
Das Textende sei ein weiterer Beleg dafür, dass Jägerstätter kein absoluter Wehrdienstverweigerer war, sondern sich an der traditionellen Lehre vom gerechten Krieg orientierte. Die NS-Kriege als ‚Vaterlandsverteidigung‘ umzuinterpretieren, habe er vehement abgelehnt. „Das hätten wir höchstens so betrachten können, wenn wir vor fünf Jahren vom Kanzler Schuschnigg zum Kampfe aufgefordert“ [Text bricht hier ab] Schmoller: „Militärischer Widerstand im März 1938 gegen den ‚Anschluss‘ hätte definitorisch als Verteidigungskrieg gegolten und hätte somit ein Fall sein können, wo Jägerstätter bereit gewesen wäre zu kämpfen. Der Verteidigungsfall ist ein Kriterium der Lehre des gerechten Krieges. Die Einfügung ‚höchstens‘ weist aber darauf hin, dass Jägerstätter hier eine Einschränkung macht. Denn: nicht jeder Verteidigungskrieg ist sogleich ein gerechter Krieg. Darüber hinaus müssen weitere Bedingungen erfüllt sein, etwa die Verhältnismäßigkeit.“
Zum Wert des Dokuments für die Forschung meint Institutsleiter Andreas Schmoller: „Der neue Text wirft unser Jägerstätter-Bild klarerweise nicht über den Haufen. Der Inhalt steht im eindeutigen Gleichklang mit den bekannten Jägerstätter-Überlegungen zum gerechten Krieg, zum anti-christlichen Charakter des NS-Regimes und dem Verhältnis zwischen religiöser und weltlicher Obrigkeit. Dennoch erhält das neue Dokument eine eigene Bedeutung für die Jägerstätter-Forschung.“ Spannend sei dies vor dem Hintergrund einer internationalen Entwicklung. Nach 1945 habe die katholische Tradition des Gehorsams im Bereich des Wehrdienstes zu bröckeln begonnen: „Der einzelne Laie war im Grunde genommen nicht berechtigt, selbst zu beurteilen, ob ein Krieg ‚ungerecht‘ oder ‚gerecht‘ war, er sollte lediglich der weltlichen Autorität gehorchen, wenn die Kirche dazu nicht anders motivierte. Gegen diese Tradition regte sich in den verschiedenen katholischen Ländern mehr und mehr Widerstand. Und die Argumente und Beispiele, die dabei von Katholiken vorgebracht wurden, glichen dabei frappant jenen, die Jägerstätter in diesem Text verwendete.“
Diese innerkatholische Auseinandersetzung habe es gebraucht, damit die katholische Kirche langsam, aber doch die Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen zu akzeptieren begann. Schmoller: „Jägerstätter war ein wichtiger Baustein hierfür. Es war kein Zufall, dass sein Beispiel beim Zweiten Vatikanischen Konzil durch Bischof Thomas Roberts Erwähnung fand.“
Andreas Schmoller, Leiter des Franz & Franziska Jägerstätter Instituts (FFJI) der Katholischen Privat-Universität Linz, präsentierte ein jüngst gefundenes Jägerstätter-Schriftstück. © Martin Pilgram
„Der Welt zugewandte Menschen, die noch spürten, was die Welt wirklich braucht“
Den abschließenden Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche St. Radegund feierte Johann Holzinger, Propst des Stiftes St. Florian, mit den Teilnehmenden. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Kirchenchor der Pfarre. Mit Holzinger feierten u. a. der St. Radegunder Pfarrer Markus Menner, Altpfarrer Josef Steinkellner, Pfarrer Franz Strasser (Altheim), Maximilian Mittendorfer und die Diakone Johann Niederreiter (St. Radegund) und Karl Mayer (Dorf an der Pram). In seiner Predigt wies Holzinger auf die bleibende Aktualität der Schicksale von Persönlichkeiten wie Franz Jägerstätter und Pater Franz Reinisch hin: „Die beiden tragen nicht nur die gleichen Taufnamen, manches in ihrer Persönlichkeit scheint parallel zu sein, waren sie doch beide keine weltfremden Sonderlinge, sondern der Welt zugewandte Menschen, die noch spürten, was die Welt wirklich braucht, wenn sie ihre Konflikte und Probleme lösen will. Sie machten beide auf den Widersinn aufmerksam, den Gewalt verursacht, ob sie körperlich Menschen an Leib und Leben geht, Familien unsägliches Leid zufügt wie der Frau von Franz Jägerstätter und seiner Familie, oder auch wie heute versteckt und anonym Menschen mit Hass überschüttet, sodass sie sich nicht mehr wehren können.“
Märtyrer seien „für die entfesselten Despoten und Systeme Widerspenstige“ und „die in den Augen der Menschen Kleingemachten – darum sind sie die Großen im Himmelreich“, so Holzinger. Gerade in Krisenzeiten leuchte das Licht von Märtyrern noch heller. Der Propst des Stifts St. Florian schlug inhaltlich die Brücke zwischen Jägerstätter und dem hl. Florian, der im Jahr 304 in Lauriacum (Lorch/Enns) für seinen Glauben hingerichtet wurde. Der Moment, in dem Franz Jägerstätter seine Klarheit gefunden habe, sei jenem Moment auf der Ennsbrücke im Jahr 304 ähnlich, als der hl. Florian – den Mühlstein schon um den Hals – noch eine Stunde gebetet hatte. Holzinger wörtlich: „Das war seine Ölbergstunde, in der er Klarheit gefunden hat, dass sein Weg richtig ist. Wie viele Menschen haben derzeit solche Ölbergstunden? Wo brennt es ihnen schon wie Feuer in ihrem Inneren, welchen Weg sie gehen sollen? Unsere heutigen Zeiten sind dazu angetan, äußerste Wachsamkeit zu zeigen. Mögen wir also nicht zu den Jüngern gehören, die am Ölberg schlafen.“
Schlusspunkt des Gedenkens war die Lichtfeier am Grab von Franz und Franziska Jägerstätter.
Artikel entnommen aus: Gedenken 2022: Aus innerer Überzeugung handeln – auch wenn es das Leben kostet (dioezese-linz.at)