Peace Event Sarajevo 2014 – Rückblick und Ausblick

„Wir müssen auf den Straßen wieder sichtbarer werden“
Mehr als 2500 Teilnehmer auf dem internationalen Peace Event Sarajevo 2014

Wir müssen intensiver und gemeinsamer der Kriegsgefahr in der Welt 
begegnen und uns mit größerer Energie und mit mehr internationalen 
Aktionen in die Menschheitsfrage Krieg-Frieden einmischen. Dies war 
sicher das einheitliche Votum aller TeilnehmerInnen des größten 
internationalen Friedensereignisses 2014, das über Pfingsten mit mehr 
als 190 Workshops und vielen Kulturveranstaltungen sowie einem großen 
Jugendcamp in Sarajevo stattfand.

Dieses Peace Event brach einige Tabus. Ein großes Tabuthema war, dass 
in Sarajevo erstmals seit 20 Jahren eine Konferenz als zentraler 
Bestandteil des Events über die Abschaffung der NATO diskutierte. Die 
große Mehrheit der  Bevölkerung  und der gesamten politischen Klasse 
des Landes unterstützt  die Mitgliedschaft; auf dem Kongress wurde die 
NATO von internationalen Redner_innen wie Friedensnobelpreisträgerin 
Mairead Maguire, dem Programmdirektor von American Service Committee 
Joseph Gerson und dem Vorsitzenden der Kampagne für nukleare Abrüstung 
David Webb einer grundlegenden Kritik unterzogen und ihre Abschaffung 
wurde  gefordert. Ein weiteres Tabuthema, das zwar kontrovers, aber 
immer mit dem Ziel der Veränderung hin zu einer sozialen und 
demokratischen Union diskutiert wurde, war die Rolle und die Bedeutung 
der Europäischen Union. Einheitlich wurde die weitere Militarisierung 
der EU abgelehnt.

„Frieden ist möglich“ - dies war die gemeinsame Stimmung auf der 
Eröffnungszeremonie des internationalen Peace Events 2014  am Freitag, 
dem 6. Juni 2014 in Sarajevo. Wir wollen „nie mehr Krieg und Konflikte 
sind friedlich zu lösen“ - war die Botschaft der mehr als 900 
Menschen und Friedensaktivisten aus insgesamt 32 Ländern.

Die von namhaften internationalen und nationalen Gästen besuchte 
Veranstaltung prägte die gemeinsame Sorge um den Frieden angesichts 
zunehmender internationaler Konfrontationen, aber auch die Gewissheit 
– als eine Lehre aus der Geschichte – friedliche Konfliktlösungen sind 
möglich und der einzige Ausweg, Kriege zu vermeiden. Dies muss 
politisch gewollt und von den Menschen, die sich weltweit nach Frieden 
sehnen, durchgesetzt werden.

Die Friedensbotschaften von Friedensnobelpreisträgerin Mairead 
Maguire, Noam Chomsky, Hildegard Goss-Mayr, Verdiana Grossi, Chico 
Whitaker, Jasmila Zbanic mit ihrem tiefen inhaltlichen Impact, 
emotionaler Geladenheit und einzigartiger Expressivität, verbanden 
sich im Programm mit den ausdrucksstarken Peace Messages vieler 
bosnischer Schüler_innen und Student_innen, die gemeinsam nach Frieden 
streben und sich aktiv dafür einsetzen. Der traditionelle Gesang des 
Sarajevo-Chors „Pontamina“ und die lebendigen Rhythmen der jungen 
Musikanten aus der Gruppe „Balsica“ voller Kraft, Lebensfreude und 
positiver Energie haben das nationale und internationale Publikum 
begeistert.

„We need to accept and celebrate diversity and otherness“ waren auch 
die Worte von Mairead Maguire, die an alle Teilnehmende des Peace 
Events appellierte: „Let the Sarajevo, where peace ended, be the 
starting point for the bold beginning of a universal call for peace 
through the wholesale abolition of militarism“. Immer wieder wurde die 
Bedeutung des UNESCO Programms “Kultur des Friedens” als alternatives 
Programm zu Krieg und Militarisierung betont. Oder wie es Ingerborg 
Breines vom International Peace Bureau (IPB) ausdrückte: „ohne 
non-violent actions geht es gar nicht“.

Alle Diskussionen fanden in der Atmosphäre großer Solidarität, 
gegenseitigen Verständnisses und des Lernens statt. Beispielhaft wurde 
das friedliche Zusammenleben vorgelebt und auf der großen 
Kulturveranstaltung gefeiert. Intensiv wurde über Alternativen zum 
Militarismus nachgedacht. Die Diskussion hatte eine beeindruckende 
Spannbreite: von der Systemfrage, über non-violent actions, Aktionen 
der Zivilcourage bis hin zu zivilen Konfliktlösungen, Prävention, 
Abrüstung und gemeinsamer Sicherheit im gemeinsamen Haus Europas. 
Selten wurden diese Überlegungen einander gegenübergestellt und es 
überwiegt ein eher holistischer Ansatz. Es fehlt sicher nicht an 
antimilitaristischen Vorschlägen und Überlegungen - diese müssen aber 
politisch umgesetzt und gegen eine Politik, die Krieg für 
geostrategische Interessen führt, durchgesetzt werden.

Eine besondere Bedeutung hatte  sicher auch die 
Solidaritätsveranstaltung für die Flutopfer in der Region, an der 
mehrere Gruppen aus Bosnien-Herzegowina, aber auch Manfred 
Maurenbrecher aus Deutschland teilnahmen. Beeindruckend war auch das 
Erinnerungskonzert an Pete Seeger, das am Sonntagabend als Open Air 
Konzert durchgeführt wurde.

Viele Überlegungen für gemeinsame Aktionen, unter anderem gemeinsame 
Aktionen für 2015 (70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges), eine 
weitere internationale Frauenkonferenz, grenzüberschreitende Aktionen 
gegen die Festung Europas, Aktionen für den Frieden in Syrien, 
Demonstrationen gegen die Kriegsgefahr in Europa wurden auf der Peace 
Assembly am Montag diskutiert.

Vieles muss noch aufgearbeitet und zugestellt werden. All das und auch 
Fotos dieses beeindruckenden Peace Events finden sich auf der Webseite 
www.peaceeventsarajevo2014.eu.

Die über 1,5 Jahre dauernde Vorbereitung war angesichts der 
unterschiedlichen kulturellen und sozialen Rahmenbedingungen alles 
andere als einfach, aber letztendlich erfolgreich. Alle Probleme - 
auch die finanziellen - konnten gelöst werden. Dabei mussten auch die 
lokalen Bedingungen berücksichtigt werden.

Alle aktiven Friedensgruppierungen, wie fast alle 
zivilgesellschaftlich engagierten Gruppierungen in Bosnien-Herzegowina 
und in den anderen Teilen des ehemaligen Jugoslawiens leben davon, 
dass sie von USAID oder der Europäischen Union finanziell unterstützt 
werden. Ob uns das gefällt oder nicht - es ist Realität. Wenn wir mit 
ihnen zusammenarbeiten wollen, müssen wir dies berücksichtigen. 
Betonen möchte ich die vollständige Unabhängigkeit und 
Eigenständigkeit aller Entscheidungen im Zusammenhang mit dem großen 
Ereignis.

Es bleibt dabei: ein hochspannendes Pfingstwochenende mit vielen 
Impulsen liegt hinter uns und vor uns die Einsicht: wir sehen uns alle 
wieder auf den großen Demonstrationen gegen den Krieg.

Reiner Braun, Geschäftsführer der IALANA, CO- Präsident des IPB
Lucas Wirl, Geschäftsführer NatWiss, Programm Direktor INES

von Kristine Karch