Am 8. und 9. August 2015 fand in St. Radegund das jährliche Internationale Treffen im Gedenken an den 2007 seliggesprochenen Märtyrer Franz Jägerstätter statt. Zahlreiche Gäste aus Österreich, Italien und von Bayern bis Berlin nahmen daran teil.
Der aus St. Radegund stammende Jägerstätter hatte sich aus Glaubensgründen geweigert, für das Nazi-Regime in den Krieg zu ziehen. Daraufhin wurde er vom Reichskriegsgericht in Berlin wegen "Wehrkraftzersetzung" zum Tod verurteilt und am 9. August 1943 in Brandenburg/Havel enthauptet. Anlässlich seines Todestags laden alljährlich die Friedensbewegung Pax Christi Österreich/Kommission Franz Jägerstätter und die Pfarre Tarsdorf/St. Radegund zu einem Gedenken ein.
Bischof Benno Elbs beim Festgottesdienst in der Pfarrkirche St. Radegund
Vortrag über Josef Mayr-Nusser, den 'Südtiroler Jägerstätter'
Am Samstag, 8. August 2015, hielt Francesco Comina, Gründer und Koordinator des Friedenszentrums in Bozen, vor rund 70 Personen aus Österreich, Italien und Deutschland in der Stube des Jägerstätterhauses einen Vortrag über Josef Mayr-Nusser (1910 – 1945) aus Bozen. Francesco Comina und der Südtiroler Historiker Leopold Steurer zeigten Parallelen zu Jägerstätter auf und sprachen über die Situation der deutschsprachigen Südtiroler, die sich 1939 entscheiden mussten, entweder im italienischen Südtirol zu bleiben oder ins Deutsche Reich auszuwandern. Vor allem die katholisch-bäuerliche Bevölkerung optierte vorwiegend für's "Dableiben" – wie auch der Familienvater Josef Mayr-Nusser. Trotzdem wurde er 1944 in die Waffen-SS einberufen, verweigerte aber aus religiösen Gründen, den Eid abzulegen. Wegen „Wehrmachtzersetzung“ wurde er verhaftet und sollte ins KZ Dachau verlegt werden. Während des Transports verstarb Josef Mayr-Nusser am 24. Februar 1945 in einem Eisenbahnwaggon.
Josef Mayr-Nusser war in der katholischen Kirche stark verankert: Er war Mitglied des Katholischen Jungmännerverbands, einer der letzten katholischen Verbände, die im Nationalsozialismus gleichgeschaltet wurden, und der Vinzenzkonferenz. Er hatte erkannt, dass das „Neu-Heidentum“, wie er den Nationalsozialismus nannte, mit seinem Glauben nicht vereinbar war. Seit dem Jahr 2005 läuft in Südtirol ein Seligsprechungsprozess.
Vesper vor dem Jägerstätterhaus
Jägerstätter-Film „Einer von uns“
Nach einer Vesper vor dem Jägerstätterhaus sahen 120 Personen im Feuerwehrhaus St. Radegund den neuen Jägerstätter-Film „Einer von uns“ in Anwesenheit von Produzent Dr. Peter Schierl aus Washington DC und Regisseur Lothar Riedl aus Salzburg.
„Gott auf radikale Weise die erste Stelle gegeben“
In der Pfarrkirche St. Radegund, die seit Ostern wegen Renovierung geschlossen war und am Sonntag, 9. August 2015, erstmals wieder geöffnet wurde, zelebrierte der Diözesanbischof von Feldkirch, Benno Elbs, den Festgottesdienst.
Märtyrer wie Jägerstätter könnten auch für das Leben heutiger Christen „ganz wichtige Hinweisschilder“ sein. Ihre wichtigste Eigenart sei es gewesen, Gott auf radikale Weise die erste Stelle zu geben – durch ein Leben im Augenblick und das Füllen jedes Lebensmoments mit Liebe und Dankbarkeit, so Bischof Elbs. Charakteristisch sei weiters der Verzicht auf Hass und Gewalt selbst in der verzweifeltsten Lage und das Ausstrahlen einer „versöhnenden Energie“, die man als „Herzensgüte“ umschreiben könne. „Die Güte des Herzens ist die einzige Kraft, die Menschen im Innersten verwandeln kann. Die Liebe vermag alles“, betonte Elbs.
Möglich sei den Glaubenszeugen eine derartige Haltung nur deshalb gewesen, da sie ihr Leben „unter den großen Bogen des Vertrauens“ gestellt hätten, was auch in den Gebeten des jeweiligen Menschen zum Ausdruck komme. Gebet sei eine „Haltung, die Dinge in einer Perspektive zu betrachten, dass sie potenziell wieder einen Sinn haben können, trotz der Schrecklichkeit“, zitierte Bischof Benno Elbs den Psychiater Viktor Frankl. Das Gebet spanne ein „Netz des Vertrauens aus, dass Gott unser Leben trägt“ und habe Menschen wie Jägerstätter oder den Vorarlberger Märtyrer Carl Lampert (1894-1944) daraus „schier unermessliche Kräfte“ schöpfen lassen.
Lesung von Pax Christi im Jägerstätterhaus
Gedenkandacht zur Todesstunde
Am Sonntag Nachmittag lasen Mitglieder von Pax Christi Österreich und Pax Christi Italien im Jägerstätterhaus Briefe von Franz und Franziska Jägerstätter. Anschließend hielt Pax Christi in der Pfarrkirche eine Andacht zur Todesstunde von Franz Jägerstätter. Unter dem Motto „Gott hat die Fremden lieb“ (Dt 10,18) galt das Gedenken auch den derzeitigen Opfern von Kriegen, vor allem der Flüchtlinge, die auf der Flucht zu Tode gekommen sind und jener, die bei uns ankommen und nicht willkommen sind.
Veranstaltet wurde das Gedenktreffen von der Pfarre Tarsdorf/St. Radegund und Pax Christi Österreich/Kommission Franz Jägerstätter.
Meinrad Schneckenleithner / Elisabeth Jungmeier