17.5.2013 Far’ata – Vorgestern ein Überfall, heute eine Hochzeit

17.Mai

Abu Wael , der Dorfälteste von Far'ata, berichtet heute:

Mittwoch 15 .Mai um etwa 14 Uhr kamen sechs Siedler vom Osten her in das Dorf Far'ata. Die Siedler kamen aus dem illegalen Außenposten (Outpost) der illegalen Siedlung Gilad Farm und sie zogen sich wieder zurück. Um 17.30 marschierten etwa sechzig Siedler heran, vermummt und mit weißen T-Shirts bekleidet – und sie begannen die Häuser mit Steinen zu bewerfen. Einige von ihnen trugen Gewehre. Die Dorfbevölkerung eilte herbei, stand den Drohenden gegenüber, versuchte sich zu verteidigen. Über die Lautsprecher der Moscheen wurde um Hilfe gerufen. Um 18 Uhr kam die IDF (= Israel Defence Force, die israelische Armee) und schoss mit Tränengas in die Kämpfenden. Und dann kam noch die israelische „DCL“ und auch weitere Gruppen der so genannten Grenz-polizei. Abu Wael suchte telefonisch Hilfe bei den „Rabbis for Peace“(Rabbiner für den Frieden, eine sehr wichtige israelische Friedensbewegung), die auch telefonisch zu intervenieren versuchten. Gegen 20 Uhr zogen die Siedler aus dem Dorf ab. Zurück im Dorf blieben die IDF-Soldaten und die Dorfbewohner, die noch einmal glimpflich davon gekommen waren.

Das erzählte uns Abu Wael während des Hochzeitsfestes seines Sohnes. Wir waren eingeladen worden, am Hochzeitsmahl teilzunehmen, wobei – der Tradition entsprechend – die Männer und Frauen jeweils getrennt unter sich feiern.
Leid und Freud liegen so nah beisammen. Ich bewundere die Leute, weil sie sich trotz der bedrückenden Besatzung und permanenten Bedrohung durch aggressive Siedler ihre Feste nicht nehmen lassen. Warum sie uns beim Überfall nicht verständigten? Deswegen seien wir ja da! Sie hätten Angst um uns gehabt, entschuldigt sich der Dorfälteste. Aber das nächste Mal werden sie uns anrufen – obwohl sie wissen, dass die IDF die Präsenz von Internationalen (EAPPI oder anderen Friedensgruppen) überhaupt nicht gern hat, und die Internationalen die Konflikte kaum verhindern können. Wer sieht schon gern Zeugen, wenn Unrecht geschieht? Die Täter wohl selten, die Opfer aber sehr wohl.

J.Windischer (EAPPI)

 

16.5.2013

16.Mai

unter diesem Zelt versteckt – ein gemauertes Haus ohne Fenster. Baustopp vom Militär – Militärzone, Bauen ist nicht erlaubt.
Moschee wurde schon zerstört.

V.Windischer (EAPPI)

14.5.2013

14.Mai

2 Buben kommen mit dem Esel zur Schule geritten
Wie sieht die Zukunft dieser Kinder aus – die nie wissen wie lange sie noch bleiben können?

V.Windischer (EAPPI)

13.5.2013 Alltag in Palästina – Eigenartige Begegnungen

11.Mai

Wir gingen am Straßenrand, hintereinander, unauffällig, an einer jüdischen (illegalen) Siedlung (Settlement) vorbei. Die Siedlung lag in ca 100m Entfernung. Plötzlich begann ein Siedler zu schreien. Ich konnte es nicht unterdrücken: hab einfach gegrüßt, gewunken und Hallo gerufen. Dann begann er zu toben und fing zu fluchen, schimpfen und zu schreien an, als ob er Hunde verteiben wollte. Wir folgten ganz gelassen unseren Weg. Es handelte sich übrigens nicht um eine Sperrzone, sondern um eine Straße, die durchs Land führt.

13.Mai

Auf der Heimreise nach Tulkarm passierten wir mit unserem Sammeltaxi auf einer Landestraße eine Kreuzung. Ca 20 Soldaten, 3,4 Militärfahrzeuge, patroullierende Soldaten mit Maschinengewehr im Anschlag, eigentlich nichts Außergewöhnliches. Eine Gruppe von Siedlern wartete am Straßenrand und wartete auf Mitfahrgelegenheiten. Siedler nehmen dann Siedler mit. Zwei Siedlerinnen gingen in die Straßenmitte zum langsam vorbei fahrenden Sammeltaxi, schreiend, mit bedrohlichen Gesten und spuckten auf die Windschutzscheiben. Die Soldaten standen daneben und schauten zu.
Es war für uns nicht bedrohlich, aber sehr unschön. Die Palästinenser , die mit uns fuhren ,verzogen keine Mine, der Chauffeur zündete sich eine Zigarette an und fuhr normal weiter.
Übrigens: Siedler tragen oft Waffen, haben oft Maschinengewehre umgehängt. Israelis dürfen Waffen tragen, für Palästinenser würde ein Taschenmesser schon ein Problem bedeuten, eine Festnahme rechtfertigen.
Man gewöhnt sich daran, in einem besetzten Land zu leben: überall Mauern, Zäune, Sicherheitskontrollen, Militärfahrzeuge, Wachtürme,schwer bewaffnete Soldaten und wieder Zäune.

J.Windischer (EAPPI)

12.5.2013 Besuch bei einer Familie in Bir al Idd

12.Mai

Besuch bei einer Familie in Bir al Idd, die in einer Höhlenwohnung lebt (10 Kinder. Sie sind nicht arm, sie leben von Schafen und Hühnern… auch sie haben Angst, vertrieben zu werden, leben sie doch sehr nahe an der Grenze zu Israel – ihr Gebiet ist zur Militärzone erklärt worden.

V.Windischer (EAPPI)

11.5.2013 Umm al´ Ammad

11.Mai

Bin auf Besuch in den South Hebron Hills. Begleitete die Arbeit des Teams von Patrick, Eva Rosa and Veronika). Beim Begleiten von Hirten in traditionellen Weide­gebieten, die von "Settlers" bedroht wurden, trafen wir auf sehr viel Militär (IDF). Der Einsatz der Militärs wurde von einem "Settler" koordiniert. Trafen engagierte Israelis der Organisation Ta'ayush, welche die dztg. Politik Israels nicht nur schärfstens kriti­sieren, sondern auch auf Seite der palästinensischen Hirten für deren Rechte kämpfen. Bin sehr berührt vom Engagement der Familie Ruth und Josef, deren Tochter Ada und des Sohnes Avidan. Vor kurzem wurde die Familie festgenommen und eingesperrt, da sie als israelische Menschenrechtskämpfer einen Checkpoint Erdhaufen (Absperrung) einfach wegschaufelten. Es ist einfach beeindruckend Leute zu treffen, die dies als Lebensaufgabe sehen: für Frieden und Gerechtigkeit zu leben und kämpfen Es sind nicht viele Leute, aber diese Leute sind sehr stark und strahlen Hoffnung aus . Schalom, salam!

J.Windischer (EAPPI)

11.5.2013

11.Mai

Gestern zerhackten aggressive Siedler in der Nacht 50 Olivenbäume, die Lulu, die Großmutter vor 35 Jahren gepflanzt hat. Alle sind sehr sehr traurig.
Auf dem Beton gesprayt – soungefähr die Bedeutung: die Abrechnung fürs Stehlen

V. Windischer (EAPPI)

8.5.2013 Jerusalemtag

8.Mai

Bin heut in Jerusalem. Heut gab’s den "umstrittenen " Jerusalemtag. Abertausende, vornehmliche junge Leute, zogen durch die Hauptstraßen in Richtung Jerusalems Altstadt. Tausende von Nationalfahnen wurden geschwenkt. Die Jugendlichen waren sehr fröhlich und sangen nationale Lieder. Ich fragte einige, was sie feiern: sie meinten, nach einem Krieg, sei Jerusalem eingenommen worden und sei nun Israel. Die Palästinenser ertrugen die machtvolle Demonstration mit Fassung, auch wenn es wieder zu Verletzungen kam: Altstadt wurde von vielen Soldaten abgeriegelt, Straßen wurden gesperrt, der Großmufti festgenommen… Man stelle sich vor: Palästinenser würden in Jerusalem eine andeutend ähnliche Demonstration machen: da gäbe es wohl Tränengas, viel Tote und tausende Gefangene. Ein kleiner Trost: kein Staat, keine Vertretung hat noch ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt. Symbolisch wehrt sich die internationale Gemeinschaft gegen Annektierungen. Symbolisch hält sich die Welt an UNO Resolutionen – nur Israel de facto nicht. Grund zum Nachdenken, Grund zur Trauer.

J.Windischer (EAPPI)

7.5.2013 Sonnenuntergang in Ölhain-Hirten mit Schafen

7.Mai

Manchmal könnte man glauben, dass Frieden ist. Den gestrigen Abend verbrachten wir auf einem Hügel bei Tulkarm. Wir warteten auf den Sonnenuntergang und breiteten ein Picknick unter den Ölbäumen aus: Schafskäs, Fladenbrot, Fruchtsäfte. Man hörte die Gebetsrufe der Muezzins, aus der Ferne Trommel und Flötenspiel – es dürfte wohl ein Hochzeit gefeiert worden sein. Die glutrote Sonne versank am Horizont, ein wunderschöner Sternenhimmel begann zu leuchten.
Heute früh warteten wir schon um, 5.00 mit den Schafhirten am AG (agriculture gate) Akkaba. Geduldig warteten 3 Herden, ca 300 Schafe, mit ihren Hirten, bis die Formalitäten erledigt wurden und die Herden die Grenze (es ist ein eiserner Vorhang, mit Sicherheitsstreifen, Militärstraße und hohem elektrischem Zaun) passieren konnten. Die Bauern wohnen nämlich auf der einen Seite des Stacheldrahtes, ihre Felder sind auf der anderen Seite. Bewundernswert wie Schafherden von ihren Hirten geleitet werden. Mit unspektakulären Gesten und Zurufen lassen sich die Herden führen.
Ich versuche auch mit den Soldaten des IDF zu reden, zumindest sie zu grüßen. Manchmal deuten einem die Soldaten, das man zurücktreten soll, dies in sehr militärischen Ton. Heute gelang ein normales Gespräch. Einer fragte uns, woher wir kommen. Natürlich musste ich ihm sagen, dass bei uns keine Mauern und Grenzzäune mehr gibt, dass Tirol ein schönes Land sei.Wir redeten sogar über gegenseitigen Respekt, bist dann ein vorgesetzter Soldat kam. Wir wünschten uns noch einen schönen Tag.
Beim nächsten Kontrollpunkt begrüßten wir die Schulkinder. Einige sind ganz schüchtern, einige grüßen ganz laut. „Good morning. How are you, what s your name? What s your footballteam?“
Nachdem der Fernsehkanal am meisten spanische Liga sendet, gibt es hier nur Real Madrid und Barcelona. Hab mich für Barcelona entschieden.
Es gibt viele fröhliche und sehr erfüllte Momente. Man könnte glauben, dass Frieden ist,
dass die Welt sehr schön ist.

J.Windischer (EAPPI)

5.5.2013 Hirtenfeld Umm al Amad

5.Mai

Am Hirtenfeld Umm al Amad, in unmittelbarer Nähe von einer jüd.(illegalen) Siedlung, sind stets zahlreiche Soldaten anwesend. Ich bin mir sicher, wenn nicht immer NGOs anwesend wären, käme es oft zu Zwischenfällen. Wenn Siedler kommen, schicken Soldaten sie zurück. Die Leute sagen: "…aber nur wenn Beobachter anwesend sind". Auch die Hirten würden vermutlich Steine werfen, weil sie sich bedroht fühlen, und ihnen immer mehr Land weggenommen wird. Diesen Samstag drängten die Soldaten die Hirten und Schafe sehr weit in ihr eigenes Feld zurück. Später kamen dann noch 2 Siedler, die von einem Soldaten weggeschickt wurde. Es blieb Gott sei Dank ruhig.

V. Windischer (EAPPI)